Die Regelzonen sind wie sie sind – aber macht das auch Sinn? In diesem Blogbeitrag überlegen wir, ob eine aus technischer und wirtschaftlicher Sicht effizientere Aufteilung denkbar ist und räumen dabei mit ein paar häufigen Missverständnissen um den Strommarkt auf.
Im ersten Blogbeitrag der Serie haben wir darüber gesprochen, dass sich unsere vier Regelzonen aus der föderalen Tradition Deutschlands entwickelt haben: Ursprünglich waren die Stromversorger Monopolisten und in ihren Gebieten neben der Versorgung auch für den Netzbetrieb zuständig. Im Zuge der Strommarktliberalisierung sind nach und nach die heutigen vier Regelzonen entstanden, deren Betrieb von der Stromversorgung mittlerweile organisatorisch entkoppelt ist. Doch selbst mit (nur) vier Regelzonen ist Deutschland noch ein Sonderfall: Das zentralistische Frankreich ist zwar fast doppelt so groß wie Deutschland, hat aber nur einen Übertragungsnetzbetreiber. Ebenso steht es mit den Niederlanden, Belgien, Österreich, Dänemark und vielen weiteren europäischen Ländern. Darum stellt sich uns die Frage: Ist diese Aufteilung des deutschen Übertragungsnetzes, die auf geopolitische Gegebenheiten zurückzuführen ist, sinnvoll? Oder wäre eine nach technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten effizientere Aufteilung denkbar?
Aus technischer Sicht kann man die Sache relativ einfach angehen, indem man die bestehenden Netze und Kuppelstellen zwischen den Regelzonen als gegeben annimmt. Die Konsequenz: Der Strom fließt ohnehin innerhalb der bestehenden Netzkapazitäten – unabhängig davon, wer der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) ist, durch dessen Netz er gerade fließt. Aus dieser Perspektive ist es also zunächst einmal irrelevant, wie viele ÜNB es gibt. Da interessiert nur die bestehende und zukünftige Infrastruktur. Dabei sind zwei Grundsätze besonders zu beachten:
Gleichzeitig können mehrere ÜNB technisch für mehr Netzsicherheit sorgen: Wenn ein Stromausfall in einer Regelzone geschieht, den ein einzelner ÜNB nicht auf Anhieb beheben kann, können die übrigen ÜNB den regelzonenübergreifenden Austausch einschränken und ihre Regelzonen weitgehend selbstständig steuern. Im besten Fall bedeutet das: Wenn um Berlin einzelne Kraftwerke oder Netzabschnitte ausfallen, geht deswegen nicht auch in Hannover, Köln, Stuttgart und München das Licht aus. Das Gesamtnetz wäre also nicht gleich mitgefährdet.
Aus wirtschaftlicher Sicht haben wir vier ÜNB, die innerhalb geographischer Grenzen ein Netz verwalten, das niemand von ihnen (in der heutigen Gesellschaftsstruktur) gebaut hat. Niemand von ihnen hat festgelegt, dass das Netz so aussehen soll, wie es aussieht. So betrachtet, führt eine größere Zahl von ÜNB erst mal zu höheren Managementkosten, weil die Stromhändler im Markt nicht nur einen einzigen Bilanzkreis für ganz Deutschland verwalten müssen, sondern einen pro Regelzone. Und sie müssen sicherstellen, dass diese vier Bilanzkreise immer ausgeglichen sind. Und das müssen sie bei vier ÜNB melden anstatt bei einem. Das Ganze nennt sich Fahrplanmanagement. Und das wäre in der Theorie um den Faktor 4 simpler, wenn es nur einen ÜNB gäbe. Hierzu möchten wir auch zwei wichtige Grundsätze definieren:
So viel erst einmal zu den Grundlagen. Als Zwischenergebnis können wir festhalten:
Das Sicherheitsargument aus der technischen Perspektive ist natürlich stark und würde sicherlich höhere Kosten für das Fahrplanmanagement rechtfertigen. Das aber auch nur, wenn es wirklich heutzutage noch möglich ist, die Regelzonen als Inselnetze zu betreiben. Wie funktioniert eigentlich die Zusammenarbeit der ÜNB? Und wie eigenständig können die ÜNB tatsächlich agieren? Diese Fragen stellen wir uns in unserem nächsten Blogbeitrag der Serie.
Fotocredit: James Webb Space Telescope, Lizenz: CC BY 2.0, zusätzliche Filter durch Next Kraftwerke angewandt
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