Beim Peak Shaving reduziert ein Verbraucher kurzfristig und schnell seinen Stromverbrauch („Lastabwurf“), um keine Lastspitze zu verursachen. Dies ist entweder durch eine einfache Drosselung der Produktion oder durch das Zuschalten von Eigenerzeugungsanlagen oder eines Batteriespeichers möglich. So wird selbsterzeugter Strom genutzt, um die drohende Lastspitze auszugleichen.
Bei der Lastverschiebung wird der Stromverbrauch hingegen zwar auch gedrosselt, aber zu einem späteren Zeitpunkt, bei günstigeren Strompreisen oder geringerer Netzauslastung, wieder erhöht. Eigenerzeugungsanlagen oder Stromspeicher sind zur Überbrückung der Hochpreis- oder Hochnetzlastphasen zuschaltbar, aber weniger relevant, da die Produktion zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden kann.
Netzbetreiber mögen keine Lastspitzen, da das Stromnetz auf Basis der maximalen Leistung im Netz geplant und ausgelegt wird. Dessen ungeachtet verursachen viele Industrieunternehmen, die auf den unterschiedlichen Netzebenen (Hoch-, Mittel- oder Niederspannungsnetz) angeschlossen sind, schwankende Lasten im Alltagsbetrieb, beispielsweise beim Anfahren von Produktionsanlagen, beim Anheizen oder bei Pumpvorgängen. Der Verursacher des plötzlichen Lastanstiegs, also der gewerbliche oder industrielle Stromkunde, wird zuverlässig durch die registrierende Leistungsmessung (RLM) erfasst.
Der Netzbetreiber ermittelt dann anhand des maximalen mittleren Leistungsbezugs über ein Mittelungsintervall, üblicherweise sind dies 15 Minuten, die Netznutzungsentgelte. Dabei gilt: Der höchste gemessene Leistungsmittelwert eines Intervalls bestimmt die Höhe der Leistungskosten. Wie sich die Berechnung für ein mittelständisches Unternehmen darstellt, erläutern wir im folgenden Beispiel.
Ein Unternehmen hat im ganzen Jahr eine gleichbleibende Last von 4.000 kW ohne Lastspitzen. Pro Kilowatt muss das Unternehmen einen jährlichen Leistungspreis zahlen, dieser variiert je nach Verteilnetzgebiet und wird vom Verteilnetzbetreiber ausgewiesen. Nehmen wir als Rechenbeispiel 50 € pro kW und Jahr: Die Netznutzungsentgelte betragen dann 4.000 kW x 50 € = 200.000 €. Nun ist allerdings, durch einen Sonderauftrag, für nur 30 Minuten eine außerordentliche Lastspitze von 500 kW zusätzlich aufgetreten. Die Berechnungsgrundlage für die Leistungspreiskomponente der Netznutzungsentgelte erhöht sich sofort um diese 500 kW auf 4.500 kW, was Zusatzkosten von 25.000 € allein an Netznutzungskosten auf der jährlichen Abrechnung entspricht – die eigentlichen Stromverbrauchskosten nicht mitgerechnet.
Wie das Beispiel zeigt, ist es im derzeit herrschenden Abrechnungssystem sinnvoll, Peak Shaving zur Vermeidung von Lastspitzen zu betreiben, um die Netznutzungskosten niedrig zu halten.
In Betrieben gibt es unterschiedliche Ansätze, um die Spitzenlast zu managen. So genannte „Spitzenlastwächter“ kontrollieren und regeln im Viertelstundentakt eine vorher definierte Leistungsspitze. Dafür werden ausgewählte Verbrauchsprozesse heruntergeregelt, wenn eine Überschreitung der Leistungsspitze innerhalb einer Viertelstunde prognostiziert wird. Auf diese Weise kann das Unternehmen die maximale Leistungsaufnahme selbst bestimmen und beeinflussen.
Wenn keine Lasten abgeworfen werden können oder sollen, kann das Unternehmen selbst Leistung bereitstellen, um Lastspitzen zu vermeiden. Diese zusätzliche Leistung kann beispielsweise aus unternehmenseigenen Stromspeichern oder KWK-Anlagen kommen. So wird die Lastspitze am Übergabepunkt zum Stromnetz durch die zusätzliche, zeitlich begrenzte Leistungsbereitstellung aus den Stromspeichern und/oder dem Generator im Werksnetz abgefangen.
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Vordergründig ist aus der Perspektive der Verteilnetzbetreiber Peak Shaving durchaus sinnvoll, um die Kosten für den Netzausbau wirtschaftlich zu halten. Denn für jede Erhöhung der Leistungsfähigkeit ihres Netzes müssen sie mehr kostenintensives Kupfer in Form von Stromleitungen und Verteilstellen verbauen. Aus dieser Perspektive sind gleichmäßiger Stromerzeugung und gleichmäßiger Stromverbrauch durchaus erwünscht. Doch durch die Dynamisierung des Strommarktes im Zuge der Energiewende wird durch die volatilen Energieträger Wind und Sonne zunehmend eher lastabhängige Flexibilität als Gleichmäßigkeit gefordert. Dies macht sich auch in den Verteilnetzen bemerkbar, da viele Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien direkt vor Ort einspeisen.
Ist nun an sonnigen und windigen Tagen besonders viel Strom im Netz, kann dieser günstig und netzdienlich durch flexible Stromverbraucher eingesetzt werden – was allerdings, ebenso wie der Verkauf negativer Regelenergie, im bisherigen System aufgrund der möglicherweise auftretenden Lastspitzen die Netznutzungskosten steigen lassen würde. So fordert der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) eine umfassende Reform der Netznutzungsentgelte dahingehend, dass Unternehmen für eine flexible Reaktion auf die Lastsituation entlastet statt belastet werden müssten. Ein interessanter Ansatz wäre es daher, auch auf der Verteil- und Niederspannungsnetzebene flexible Modelle für gewerbliche Stromverbraucher einzusetzen, etwa über eine Dynamisierung der Netznutzungsentgelte oder der EEG-Umlage.
Hinweis: Next Kraftwerke übernimmt keine Gewähr für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Angaben. Der vorliegende Beitrag dient lediglich der Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.