Mitten in Mainfranken, vor einer Halle am Hafen der Kreisstadt Haßfurt an einem klaren, windigen Maitag gegen 14 Uhr: Dröhnend springt der Elektrolyseur an, aus Windstrom wird Wasserstoff erzeugt und der Gastank hinter der Halle füllt sich. Norbert Zösch, Geschäftsführer des Stadtwerks Haßfurt, ist zufrieden: „An einem Tag wie heute können wir sehr gut und günstig Gas erzeugen“. Er öffnet das Rolltor der aufgeräumten, mit Leistungs- und Regelelektronik gefüllten, eher unscheinbaren Halle am Stadtrand.
Norbert Zösch und sein Team vollbringen eine Pionierleistung: Als eine der ersten größeren Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff aus regenerativ erzeugtem Strom sind sie nicht nur beim Klimaschutz, sondern auch digital ganz vorn: Denn die Steuerung der Anlage erfolgt nicht nur vor Ort, sondern auch aus dem Leitstand des Virtuellen Kraftwerks von Next Kraftwerke im rund 360 km entfernten Köln.
Doch nicht nur bei der Steuerung und dem Verkauf von Regelenergie kommt Next Kraftwerke in Haßfurt ins Spiel: Das Virtuelle Kraftwerk übernimmt auch die Prognose der lokalen Winderzeugung und der Auslastung des lokalen Erdgasnetzes. So wird nicht nur das Flexibilitätspotential der Wasserstofferzeugung und des Gasspeichers, sondern des gesamten Gasnetzes der Stadt Haßfurt koordiniert und erschlossen.
Bereits seit Ende 2016 kann die Anlage durch einen Elektrolyseur mit 1,2 Megawatt installierter Leistung pro Stunde 220 m³ Wasserstoff erzeugen; der Wirkungsgrad beträgt dabei rund 70 Prozent. Überschüssiger Windstrom lässt sich so direkt in brennbares Wasserstoffgas umwandeln, welches in fünfprozentiger Beimischung direkt an der Anlage dem Haßfurter Erdgasnetz zugeschlagen wird. Gaskunden, die sich für einen klimafreundlicheren Windgastarif entscheiden, können das Gemisch dann problemlos in ihren Gasthermen und Blockheizkraftwerken verbrennen.
Mit Greenpeace Energy und Next Kraftwerke hat das Stadtwerk Haßfurt bewusst auf Unternehmen der Energiebranche gesetzt, die das Erreichen einer Pionierleistung schnellen Gewinnen vorziehen. Denn derzeit läuft die Anlage durch die Verpflichtung zur Zahlung von EEG-Abgabe auf den Elektrolyseurstrom leider nicht profitabel, aber dank der pro-Windgas Kunden von Greenpeace Energy immerhin kostendeckend, erklärt Norbert Zösch die Situation.
Täglich liefert Next Kraftwerke alle 15 Minuten Prognosedaten für die PV- und Windeinspeisung, den Gas- und Stromverbrauch in Haßfurt und den Gasverbrauch der nahen, angeschlossenen Mälzerei an die PtG-Anlage. Diese Daten werden dann direkt in Steuerbefehle für den Elektrolyseur umgesetzt – je nach Preisprognose und Auslastung des Gas- und Stromnetzes startet und stoppt das Leitsystem des Virtuellen Kraftwerks die Anlage per Fernsteuerung aus Köln.
An Next Kraftwerke schätzt Norbert Zösch besonders die Professionalität und Dialogbereitschaft: „Die Zusammenarbeit mit Next Kraftwerke hat sich über den Betriebszeitraum positiv entwickelt. Natürlich hatten wir anfangs ein paar Startschwierigkeiten: Next möchte für den Verkauf von Regelenergie optimieren, wir möchten möglichst günstig Gas erzeugen – das geht nicht immer zusammen. Inzwischen haben wir aber gute und für beide Seiten tragfähige Kompromisse bei der Steuerung der Anlage erzielt“ freut sich der Anlagenbetreiber mit einem versöhnlichen Lächeln.
Eines ist für den Diplomingenieur völlig klar „Die Zeit der Großkraftwerke ist vorbei“ sagt Norbert Zösch und wirft für heute einen letzten Blick auf die Anlage, bevor sein Kollege das Rolltor schließt. Der Elektrolyseur läuft gedämpft brummend weiter.
Installierte Leistung des Elektrolyseurs: | 1,25 MW |
Wasserstoffproduktionskapazität: | 220³/h |
Jahresproduktion an Wasserstoffgas: | ca. 1 GWh |
Versorgte Kunden (von Greenpeace Energy): | ca. 20.000 |
Eingesetzte Produkte: | Variabler Stromtarif Best of 96 |
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