Erzeugung, Verbrauch und Übertragung – drei Säulen, auf denen das gesamte Stromsystem ruht. Mit Stromspeichern ist nun eine weitere, eigenständige Komponente hinzugekommen. In diesem Artikel möchten wir Chancen und Risiken der Stromspeicherentwicklung, insbesondere von Batteriespeichern, aus dem Blickwinkel eines Virtuellen Kraftwerks beleuchten.
Energiespeicher, zu denen auch die Stromspeicher zählen, arbeiten immer nach den folgenden Prozessen: Einspeichern (beladen), Speichern und Ausspeichern (entladen). Die technische Realisation erfolgt mit Hilfssystemen und Energiewandlern, wie das Beispiel eines aus Windstrom gespeisten Batteriespeichers zeigt: Die Drehbewegung des Windrotors erzeugt über einen Generator Strom, den eine Batterie chemisch einspeichert, dort möglichst verlustarm auf Vorrat hält und bei Bedarf wieder ausspeichert, wobei die chemisch gespeicherte Energie wieder in elektrische Energie umgewandelt wird.
Pumpspeicherkraftwerke, die in der Energiewirtschaft schon seit über 100 Jahren Verwendung finden, speichern Strom durch das Pumpen von Wasser in oberhalb gelegene Staubecken ein und über die im Tal gelegenen Turbinen aus. Im Unterschied zu Batteriespeichern sind diese Pumpspeicher allerdings eher langfristig und energieorientiert, wohingegen Batteriespeicher kurzfristig und mit hoher Leistungsorientierung Strom aufnehmen und abgeben können.
Diese Leistungsorientierung, verbunden mit der Reaktionsschnelligkeit von Batterien, ist durch die steigende Einspeisung Erneuerbarer Energien sehr gefragt. Denn der Einfluss der Energiewende auf den Stromspeicherbedarf ist nicht unmittelbar; es entsteht primär ein erhöhter Bedarf an Flexibilität, um die volatile Einspeisung aus Sonne und Wind auszugleichen, insbesondere um die steilen Rampen schnell an- und abschwellender Produktion aus Photovoltaik und Windkraft abzufedern. Praktisch umsetzen lässt sich dies, nach technischer und ökonomischer Abwägung der Flexibilitätsoptionen, unter anderem mit Batteriespeichern, was dann zu einer erhöhten Nachfrage führt.
Im Unterschied zum landläufigen Verständnis umfasst der Batteriebegriff in der Elektrotechnik und der Energiewirtschaft nicht nur nichtwiederaufladbare, sondern auch wiederaufladbare Stromspeicher, die aus einer Reihe elektrochemischer Speicherzellen bestehen. So bezeichnet auch das ursprüngliche französische Wort batterie = „eine Reihe gefechtsbereiter Kanonen“ sinngemäß eine Reihe von Elementen, die gemeinsam wirkend eine höhere Leistung erbringen sollen.
Je nach Beschaffenheit der Batteriezellen spricht man von „Primärzellen“ oder „Sekundärzellen“. Besteht eine Batterie aus Primärzellen, ist sie nicht oder nur sehr begrenzt wieder aufladbar. Batterien aus Sekundärzellen hingegen lassen sich, je nach Ausführung, hunderte bis tausende Mal wieder aufladen oder auch akkumulieren (von lateinisch: accumulare: sammeln, speichern). Moderne Lithium-Ionen-Großbatterien schaffen laut Bundesverband Energiespeicher (BVES) im Schnitt etwa 10.000 Ladezyklen, bevor sie ausgetauscht werden müssen.
Für die Leistungsfähigkeit einer Batterie ist vor allem die Energiedichte entscheidend. Diese wird in Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) angegeben. Ein Bleiakkumulator, wie er beispielsweise auch heute noch in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor als Starterbatterie eingesetzt wird, erreicht 40 bis 70 Wh/kg, moderne Lithium-Ionen-Akkus, beispielweise aus einem Smartphone oder einem Elektrofahrzeug, erreichen über 160 Wh/kg.
Um die Ladeleistung zu verdeutlichen, muss zunächst der Begriff der Spannungslage erklärt werden. Die Spannungslage ist abhängig von dem Material der eingesetzten Elektroden. Je nach Material wird die Spannungslage aus der Differenz der Elektrodenpotenziale bestimmt, wodurch sich gleichzeitig eine Spannungsgrenze für die Lade- und Entladevorgänge eines Batteriespeichers ergibt. Je nach Aufbau der Batteriezellen ist dementsprechend durch die Spannungsgrenze auch die maximale Leistung beschränkt.
Die Speicherkapazität kann als Energieinhalt eines Batteriespeichers verstanden werden und ergibt sich aus der Spannungslage bei Lade- und Entladevorgängen sowie der eingesetzten Stoffmengen in den Batteriezellen. Generell kann die Speicherkapazität als die maximal speicherbare Ladungsmenge beschrieben werden.
Die Lebensdauer von Batteriezellen aus der Lithium-Ionen-Technologie wird mittels der kalendarischen Lebensdauer oder der Zyklenfestigkeit definiert. Generell kann die Lebensdauer als Verlust der Speicherkapazität gemessen werden. Die kalendarische Lebensdauer beschränkt sich auf die zeitliche Alterung der Batteriezellen, bedingt durch Temperatureinflüsse oder betriebliche Ladezustände.
Die Zyklenfestigkeit wird vor allem durch die Lade- und Entladerate, den allgemeinen Ladezustand sowie die Entladetiefe beeinflusst. Letztlich ist sie durch die Zyklenzahl definiert, wobei ein Vollzyklus die Summe eines vollständigen Ladungs- und Entladungsprozesses bildet. Die Zyklenzahl wird auch als durchgesetzte Ladungsmenge verstanden. (Stadler, et al., 2014)*
Der Einsatz von Batterien als Stromspeicher im Stromnetz ist in den letzten Jahren immer mehr in die Diskussion gekommen. Eine zunehmend unübersichtliche Vielzahl von Konzepten und Geschäftsmodellen in kleinem und großem Maßstab drängen auf den Markt. Sinkende Batteriepreise, eine steigende Leistungsfähigkeit der Batteriekonzepte und mögliche Gewinne auf dem Regelenergiemarkt oder die Erhöhung des Eigenverbrauchs/Autarkiegrades sind Treiber dieser Entwicklung; für gewerbliche Stromverbraucher kommt der Einsatz von Batteriespeichern zur Lastspitzenvermeidung hinzu.
Spektakulär wurden in den letzten Monaten Großbatterien in Größenordnungen von mehreren Megawatt in Betrieb genommen oder angekündigt, so beispielsweise die sechs 15-Megawatt-Großbatteriesysteme der Essener STEAG. Der vorrangige Nutzen der Stromspeicherblöcke, die alle in der Nähe zu Kohlekraftwerken stehen, liegt allerdings vor allem in der Bereitstellung von Primärregelleistung (PRL) und der Sicherung der Schwarzstartfähigkeit der benachbarten fossilen Großerzeugungsanlagen.
Solche Batteriegroßbauten sind allerdings nicht ohne Risiko, da die PRL-Preise schwanken und das zukünftige Preisniveau ungewiss ist. Jedoch wird sich zukünftig die Angebotsstruktur ändern, da potenzielle Anbieter wie konventionelle Kraftwerke den Markt verlassen. Trotzdem könnten sich die möglichen Preisrisiken langfristig als problematisch für die Amortisation solcher Großanlagen erweisen
Auch das Angebot von kleinen Speicherlösungen im Bereich einiger kW für den „Haushaltsgebrauch“ in Wohnimmobilien steigt. Die Leistung solcher Stromspeicher bewegt sich meist im einstelligen bis niedrigen zweistelligen kW-Bereich; sie speichern den im eigenen Haushalt, besser gesagt auf dem eigenen Hausdach, erzeugten Solarstrom für den Eigenbedarf.
Sehr kleine Speichersysteme in die Regelleistungsvorhaltung zu integrieren, beispielsweise über ein Virtuelles Kraftwerk, hat gravierende Nachteile: Aufgrund der geringen Leistung müssen sehr viele Anlagen für ein effektives Portfolio aggregiert werden – eine Aufgabe, die weder technisch mit der erforderlichen Sicherheit sinnvoll zu lösen ist noch finanziell aufgrund der vielen Anschlussvorgänge erstrebenswert erscheint.
Hinweis: Dieser Text wurde geschrieben, bevor es eine Änderung an den IT-Anforderungen der Übertragungsnetzbetreiber gab. Diese Änderung erlaubt, dass auch die kleinsten Erzeugungseinheiten über das öffentliche Internet miteinander vernetzt werden dürfen – natürlich unter Einhaltung bestimmter Sicherheitsstandards. Dazu gehört zum Beispiel die Kommunikation über einen VPN und nach wie vor ein sogenannter Medienbruch, also ein Wechsel des Mediums in der Datenübertragungskette, um die Ansteuerung der Anlagen auszuschließen. Die Besonderheit ist, dass der der Medienbruch für mehrere Anlagen gebündelt erfolgen kann und nicht mehr für jede Einheit einzeln durchgeführt werden muss. Bevor diese Regelung im März 2020 in Kraft trat, musste für die Teilnahme am Regelenergiemarkt für eine kleinere Batterie fast der gleiche Aufwand betrieben werden, wie für einen größeren Speicher oder eine Biogasanlage. Durch die Änderung und die Bildung von Reservegruppen ist es nun kosteneffizient möglich, Kleinstanlagen bis 25 kW zu bündeln und ihren Strom dem Regelenergiemarkt zur Verfügung zu stellen. Next Kraftwerke nutzt diese Möglichkeit bereits in einer Kooperation mit Sonnen.
Für das Stromnetz besteht derzeit der einzige realistische Zusatznutzen von Kleinstbatteriespeichern, neben der Eigenstromversorgung, im Abfangen von örtlichen Photovoltaik-Spitzen, die statt ins Stromnetz in die hauseigene Batterie geleitet werden und so das Verteilnetz vor Ort stützen können. Für die äußerst interessante Nutzung des Speicherpotentials von Elektro-PKW hingegen fehlt derzeit noch der richtige Ansatz bzw. der regulatorische Rahmen, um die vielen kleinen, mobilen Speicher wirksam und wirtschaftlich ins Stromnetz integrieren zu können.
Die Mittelklasse unter den Batteriestromspeichern mit einer Leistung im dreistelligen kW-Bereich bietet die versatilsten Einsatzmöglichkeiten und damit einhergehend die geringsten Investitionsrisiken durch Streuung der Anwendungsperspektiven. Interessant sind mittlere Stromspeicher vor allem für Gewerbetreibende mit einem Stromverbrauch von mehr als 100.000 kWh pro Jahr und signifikanten Lastspitzen.
Nutzungs- und Erlösperspektiven mittelgroßer Speicher im gewerblichen Umfeld:
Mittelgroße Batteriestromspeicher werden nicht nur stationär in Gewerbe und Kleinindustrie, sondern auch in Elektro-Nutzfahrzeugen eingesetzt. Elektro-Kleintransporter bewegen sich derzeit in einem Kapazitätsbereich von 20 bis 80 kWh, moderne Elektro-Linienbusse haben eine Kapazität von rund 300 bis 400 kWh, Teslas geplanter Elektro-Truck soll gar mit 1.000 kWh Kapazität aufwarten.
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Das Flexibilitätspotential von Elektro-Nutzfahrzeugflotten ist also nicht zu unterschätzen, insbesondere, wenn sie sich nachts oder am Wochenende sicher an der Ladestation befinden. So kann mit einer Elektro-NFZ-Flotte auf der Verbraucherseite durch Aufladen bei günstigen Börsenstrompreisen gespart und gegebenenfalls auch Regelenergie aus den Fahrzeugspeicherzellen angeboten werden.
Batteriespeicher werden in der Zukunft zunehmend relevant, da eine Speicherung des Stroms aus den volatilen Energieträgern Wind und Sonne viele Vorteile bringt. So kann bei kurzfristigen Wind- und Sonnenüberschuss reaktionsschnell Strom eingespeichert werden, der kurzfristig wieder bereitgestellt werden kann. Dabei werden zukünftig die Einsatzmöglichkeiten vielfältiger und flexibler. Beispielsweise wäre ein Konzept zu nennen, indem bei lokal niedrigem Verbrauch der Batteriespeicher eines Industriestandorts in der Primärregelleistung vermarktet wird; in der nächsten Woche –bei steigendem lokalem Verbrauch– strompreisorientiert be- und entladen wird und zudem die Leistungsspitze abfedert, welche durch einen BHKW-Stillstand aufgrund von Wartungsarbeiten ausgelöst wurde.
Die Analyse der verschiedenen Anlagengrößen und Einsatzmöglichkeiten zeigt, dass ein energiewirtschaftlich sinnvoller Betrieb der Batteriestromspeicher stark von der Vielfalt der Einsatz- und Ertragsoptionen abhängt. Nach dieser Logik stellen die mittleren, gewerblich genutzten Batteriestromspeicher, die mehrere Nutzen haben, die beste Wahl dar. Die privat- oder kommunalwirtschaftlich betriebenen, hochflexiblen mittleren Batterien können so den Gedanken der Energiewende auch in der Speicherkomponente des Stromnetzes fortsetzen: Weg von volkswirtschaftlich und technisch riskanten Großprojekten – hin zu einer mittelständischen Stromproduktion und -speicherung.
* Stadler, Ingo und Sterner, Michael. 2014. Energiespeicher – Bedarf, Technologien, Integration. Berlin, Heidelberg : Springer-Verlag, 2014. S. 248-292. ISBN 978-3-642-37379-4.
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