Die Strommärkte erlebten im vergangenen Monat erhebliche Schwankungen. Die Preise sowohl am Spotmarkt als auch am Terminmarkt stiegen insgesamt an, wobei dieser Aufwärtstrend alles andere als linear verlief.
Ein bemerkenswertes Beispiel war die Situation am 12. Mai. Bereits im Day-Ahead-Handel war erkennbar, dass am folgenden Tag, einem Sonntag, ein Überangebot an Strom vorliegen würde. Die Preise für die Mittagsstunden, in denen die Stromproduktion aus Solaranlagen erfahrungsgemäß am höchsten ist, sanken in den negativen Bereich und erreichten etwa -135 €/MWh in den Stunden von 13 Uhr bis 15 Uhr. Im kontinuierlichen Intraday-Handel setzte sich dieser Abwärtstrend fort, wobei im Durchschnitt etwa -500 €/MWh und in der Spitze (ID500, also die letzten vor Gate Closure gehandelten 500 Megawattstunden) bis zu -2000 €/MWh für die Zeit von 13:45 Uhr bis 15:15 Uhr erreicht wurden. Mit anderen Worten: Käufer erhielten bis zu 2000 Euro für den Kauf einer Megawattstunde.
Solche äußerst ungewöhnlichen Marktkonstellationen mit erhöhter Volatilität und starker Preissensitivität werden voraussichtlich häufiger auftreten. Der erhebliche und fortlaufende Ausbau neuer PV-Kapazitäten führt zwangsläufig an Tagen mit geringer Nachfrage zu einem massiven Stromüberschuss, was wiederum zu einem Preisverfall führt. Beispielsweise erreichte die deutschlandweite Stromproduktion aus Solaranlagen am 12. Mai 44 Gigawatt. Da sich der Sonnenschein über nahezu ganz Mitteleuropa und Westeuropa erstreckte, war auch der Export von Strom keine Option.
Die Strompreise konnten daher, trotz der sehr geringen Windstromeinspeisung, nur nach unten sinken. Die angespannte Lage an diesem Tag zeigt sich auch in den häufigen Abrufen negativer Regelleistung zur Stabilisierung der Netzfrequenz während der Mittagsstunden.
Das Gegenteil einer Dunkelflaute war im Mai mehrfach zu beobachten, zum Beispiel auch am 1. Mai. Die Lösung für diese Situation erfordert den Ausbau von Speicherkapazitäten, wie zum Beispiel Batteriespeicher oder die Umwandlung von überschüssigem Strom in Wasserstoff, sowie die Flexibilisierung der Stromnachfrage, beispielsweise durch Elektroautos. Kurzfristig kann auch das Abregeln überschüssiger PV-Produktion (Curtailment) durch den Direktvermarkter helfen.
Trotz der wiederholten Ausschläge in den negativen Bereich stieg der Durchschnittspreis aller im Day-Ahead-Handel an der Spotbörse gehandelten Stromkontrakte im Mai auf 6,721 Cent pro Kilowattstunde (+7,78 % im Vergleich zum Vormonat). Betreiber von PV-Anlagen verzeichneten jedoch aufgrund der häufigen Überproduktion bei niedrigen (oder negativen) Preisen einen Rückgang des Durchschnittswertes ihrer Stromproduktion auf 3,161 Cent pro Kilowattstunde (-16,71 % im Vergleich zum Vormonat). Windkraftanlagen konnten hingegen zulegen. Für die Stromproduktion an Land erhielten sie einen Durchschnittspreis von 5,608 Cent pro Kilowattstunde (+16,83 % im Vergleich zum Vormonat) und für die Stromproduktion auf See einen Durchschnittspreis von 5,582 Cent pro Kilowattstunde (+5,56 % im Vergleich zum Vormonat).
Im Mai trat erneut § 51 EEG in Kraft, wenig überraschend, was eine Kürzung des anzulegenden Werts vorschreibt, wenn die Strompreise an der Börse über mehrere Stunden hinweg negativ sind. An insgesamt sechs Tagen fielen die Preise für mindestens sechs aufeinanderfolgende Stunden in den negativen Bereich. Häufiger wurde bei betroffenen Anlagen eine Kürzung des anzulegenden Werts vorgenommen, wenn die Strompreise für drei oder vier aufeinanderfolgende Stunden negativ waren. Der "Rekord" im vergangenen Monat wurde am 12. Mai erreicht, mit insgesamt neun aufeinanderfolgenden Stunden im negativen Preisbereich.
Die Terminmarktpreise für Strom liegen weiterhin deutlich über den Spotmarktpreisen und zeigen seit Februar einen Aufwärtstrend. Sie starteten den Monat für den Handel des Frontjahrs (Base) bei 93,71 €/MWh, überschritten am 22. Mai die Marke von 100 €/MWh und beendeten den Monat bei 97,49 €/MWh. Den gesamten Monat über lagen die Kontrakte für das Peak-Frontjahr bei über 100 €/ MWh. Ursache hierfür dürften die weiterhin steigenden Erdgaspreise sein, die am 23. Mai ein neues Jahreshoch von 35,43 €/MWh erreichten. Verglichen mit den Preisen während der Energiekrise, als Erdgas zeitweise über 300 €/MWh gehandelt wurde, sind die aktuellen Preise jedoch relativ moderat.
Die Preise am Regelenergiemarkt erlebten den zweiten starken Monat in Folge. Aufgrund der hohen Einspeisung erneuerbarer Energien (63,1 % des Stromverbrauchs im Mai) sind weniger konventionelle Kraftwerke am Netz, was das Angebot an regelenergiefähigen Anlagen begrenzt und die Preise in die Höhe treibt. Anbieter von negativer Sekundärregelleistung, wie Bioenergieanlagen in virtuellen Kraftwerken, konnten bei konstanter Vorhaltung und Bezuschlagung von 1 MW an regelbarer Leistung 10.323 € (+41,06 %) erzielen. Auch Anbieter von positiver oder negativer Minutenreserveleistung verzeichneten starke Zugewinne, wobei sich die Preise für beide Reserven im Vergleich zum Vormonat nahezu verdoppelten.
Hinweis: Next Kraftwerke übernimmt keine Gewähr für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Angaben. Der vorliegende Beitrag dient lediglich der Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.
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