Für das Gelingen der Energiewende werden flexible Kraftwerke benötigt, die die fluktuierende Einspeisung von Solar- und Windenergie ausgleichen können. Folgerichtig formuliert die Bundesregierung in der neuen Kraftwerksstrategie den Plan, 10 Gigawatt flexible Kraftwerke auszuschreiben. Erstaunlich ist jedoch nicht nur, dass diese deutlich weniger grün sein werden als gedacht. Auch bereits existierende Flexibilitäten in Form von Bioenergie finden in der Strategie keine Berücksichtigung - mit der Konsequenz, dass es voraussichtlich zu einem Rückbau nachhaltiger flexibler Kraftwerke kommen wird.
Aber noch mal von Anfang an: Am 5. Februar hat die Ampelregierung einen ersten Entwurf der lang erwarteten Kraftwerksstrategie vorgelegt. Danach sollen bis zum Jahr 2030 - pünktlich zur Abschaltung der letzten Kohlekraftwerke - Gaskraftwerke mit einer Leistung von 4 mal 2,5 GW neu gebaut werden. Betrieben werden sollen diese Gaskraftwerke mit Wasserstoff. Ausreichend grüner Wasserstoff für eine nachhaltige Gestaltung des Konzepts steht jedoch noch nicht zur Verfügung. Geplant wird deshalb erst einmal mit der blauen Variante, die aus Erdgas hergestellt wird und bei der das entstehende CO2 unterirdisch gespeichert werden soll. Für dieses Konzept muss eine komplett neue Infrastruktur realisiert werden. Entsprechend stellt sich die Frage, wie hoch die Motivation für eine Umstellung auf grünen Wasserstoff sein wird, wenn die erforderlichen Investitionen einmal getätigt wurden. Ein konkretes Umstiegsdatum wird jedenfalls nicht genannt.
Zurück zur Bioenergie: Mit der Kraftwerksstrategie scheint eine Entscheidung für eine erstmal wieder auf fossilen Energien beruhende Erzeugungstechnologie gefallen zu sein – und gegen die Nutzung einer nachhaltigen Technologie, die schon heute signifikante Flexibilitäten bereitstellt.
Biogasanlagen sind in der Lage, kurzfristig ihre Produktion zu erhöhen oder zu senken. So gleichen sie die fluktuierende Produktion von Sonne und Wind aus und stabilisieren mit der Bereitstellung von Regelleistung die Netzfrequenz in unserem Stromsystem.
Aktuell haben Betreibende von Biogasanlagen die Möglichkeit, sich für eine zehnjährige Anschlussförderung zu bewerben. Ein Design, das grundsätzlich dazu geeignet ist, die Flexibilisierung weiterer Bestandsanlagen durch Überbauung anzureizen. Nach aktuellem Planungstand wird allerdings die letzte Ausschreibung für hochflexible Anlagen im Jahr 2028 erfolgen. Auch die geplanten Volumina reichen bei weitem nicht aus, um signifikante Mengen im Markt zu halten. Dieser Umstand führt dazu, dass Betreiber, deren Förderung in den nächsten Jahren ausläuft, keine Planungssicherheit erhalten. Konkret: Wessen Anlage in den nächsten Jahren aus der Förderung läuft, wird nicht zu einer Flexibilisierung motiviert, da sich die Investitionen in die Anlagen - Stand jetzt - nicht mehr rentieren. Entsprechend wird laut DBFZ Report der Bestand an Biogasanlagen voraussichtlich von heute 6,3 GW auf 4,3 in 2030 und 1,7 GW in 2035 sinken.
Mit der Kraftwerksstrategie in der vorliegenden Ausgestaltung verabschiedet man sich in den nächsten Jahren von mehreren GW Anlagenleistung, von denen ein großer Teil hochflexibel einen systemstabilisieren Beitrag leisten könnte. Diese Mengen müssen durch die neu geplanten Ausschreibungen zusätzlich kompensiert werden, was volkswirtschaftlich und ökologisch zumindest fragwürdig erscheint. Denn gerade der Rückbau dieser bereits bestehenden Flexibilitäten muss durch neue teure Gaskraftwerke zunächst kompensiert werden, bevor die dringend notwendige zusätzliche Flexibilität für das System bereitgestellt wird.
Um den Betreibenden von Bioenergieanlagen eine echte Perspektive zu geben, wäre es sinnvoll, die Anschlussförderung um weitere 10 Jahre zu verlängern. Auch eine Erhöhung des Ausschreibungsvolumens könnte dazu beitragen, den bestehenden Kraftwerkspark zu halten und zur weiteren Flexibilisierung zu motivieren.
Denn wir haben sie bereits - nachhaltige, flexible Kraftwerke, die einen wertvollen Beitrag zum Ausgleich von Schwankungen bei Wind- und Solarenergie leisten können. Die Branche wartet auf ein Signal aus Berlin, dass dieser Beitrag gesehen und honoriert wird.
Hinweis: Next Kraftwerke übernimmt keine Gewähr für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Angaben. Der vorliegende Beitrag dient lediglich der Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.
Weitere Informationen und Dienstleistungen