Agile Coaches und Scrum Master sind ein fester Bestandteil der meisten Tech Teams bei Next Kraftwerke. Wir haben Lea, Frauke und Nadine, drei Coaches unserer TECH-Teams zum Interview gebeten, um einen Einblick in ihre Arbeit zu geben.
Unsere Agile Coaches sind eine Mischung aus Coach, Trainer für agile Arbeitsweisen, Facilitator und Katalysator für Veränderungen. Sie kümmern sich darum, dass Entwicklungs-Teams schneller, smarter und miteinander ans Ziel kommen und die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer an das entwickelte Produkt bestmöglich einbeziehen. Sie helfen dabei, agilen Prinzipien wie Flexibilität, Selbstorganisation und stetige Verbesserung in den Arbeitsalltag zu integrieren. Und sie agieren als Prozess- und Dialogbegleiter, z.B. in Terminen, in der Entscheidungsfindung oder bei Konflikten, damit sich andere auf die inhaltliche Zusammenarbeit und eigene Lösungen fokussieren können.
Jennifer Ziller: Hi zusammen, danke, dass ihr euch die Zeit nehmt. Wollt ihr euch kurz vorstellen?
Frauke Fabelje: Gerne, ich mach mal den Anfang. Ich bin seit knapp zwei Jahren bei Next Kraftwerke als Agile Coach in der Unit VPP tätig. Wir sind für unser Virtuelles Kraftwerk verantwortlich. Zusätzlich betreue ich als Scrum Masterin eines der Entwickler_innen-Teams, das sich derzeit mit einer Produktweiterentwicklung beschäftigt. In meinem vorherigen Job in einer Agentur habe ich lange Zeit klassisches Projektmanagement nach dem Wasserfall-Prinzip betrieben und bin immer wieder an die gleichen Probleme gestoßen. Daher habe ich mich mit Agilität beschäftigt und Elemente hieraus in der Zusammenarbeit mit der IT implementiert. Ich bin ursprünglich gelernte Kauffrau für Marketingkommunikation und habe dann Medienpsychologie studiert.
Nadine Ohm: Ich bin inzwischen seit einem Jahr und drei Monaten bei Next Kraftwerke. Das hier ist mein erster Job als Agile Coach. Ich komme aus der Linguistik und Kulturwissenschaft und hatte in meinen Jobs als Projektmanagerin ebenfalls Berührungspunkte mit dem agilen Kontext wie den Ansatz der kontinuierlichen Verbesserung, Fokus auf Wertschöpfung und Kundenorientierung aus dem Lean Management oder das Konzept des Servant Leadership.
Lea Gleixner: Ich habe einen Monat vor Nadine angefangen. Meinen Berufseinstieg hatte ich in der Unternehmenskommunikation in einem großen Konzern. Dabei ist mir bewusst geworden, wie wichtig passende Zielgruppenansprache ist und zu verstehen: Wie viele Menschen sehen das überhaupt? Wofür interessieren sich die Leser_innen? Mit welchen Inhalten erreichen wir sie? Dadurch bin ich erst beim Design Thinking gelandet. Mich hat vor allem die Frage motiviert, wie wir als gutes Team gemeinsam und kontinuierlich ein sinnvolles Produkt entwickeln können, mich später intensiv mit den agilen Prinzipien und Arbeitsweisen zu beschäftigen. Nach 2,5 Jahren in der Beratung bin ich zu Next Kraftwerke gewechselt, um positiven Beitrag zur Energiewende leisten zu können.
Jennifer Ziller: Ihr kommt also alle drei aus ganz unterschiedlichen Richtungen - Marketing, Linguistik, Unternehmenskommunikation - und habt euch dann basierend auf euren Arbeitserfahrung für eine Vertiefung in Agile entschieden. Warum? Was ist daran so besonders?
Lea Gleixner: Agiles Arbeiten zeichnet sich vor allem durch seine Flexibilität und den Fokus auf die Kund_innen aus. Im Vergleich zu hierarchischen und planungsintensiven Ansätzen, wie das klassische Wasserfallprinzip, liegt bei agilen Methoden der Schwerpunkt darauf, in kurzen Zyklen zu arbeiten, schnell auf Veränderungen zu reagieren und frühzeitig Kundenfeedback in die Entwicklung einzubeziehen. Das Agile Manifest fasst die Essenz der agilen Softwareentwicklung schön zusammen: Manifesto for Agile Software Development
Nadine Ohm: Außerdem arbeiten agile Teams eigenständig, übernehmen Verantwortung für ihre Arbeit und treffen Entscheidungen im Team. Dadurch entsteht eine hohe Motivation und ein starkes Engagement bei den Teammitgliedern.
Frauke Fabelje: Ein Mythos ist, dass, um agil zu arbeiten, nicht geplant wird oder sogar werden darf. Das Gegenteil ist der Fall, wir planen sehr viel. Agile Methoden sind jedoch darauf ausgelegt, schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Heißt, sich ändernde Anforderungen können während des Projekts angepasst werden, ohne dass der gesamte Rest verworfen werden muss. Das von Lea erwähnte rasche Feedback holen wir uns, indem wir gerne mit einem MVP (Minimum Viable Product) an die Nutzer herantreten und dieses in kleinen Schritten kontinuierlich ausarbeiten. So können wir frühzeitig Hypothesen validieren, ressourcenschonender arbeiten und ermöglichen je nach Kontext einen schnelleren Markteintritt. Ich habe im klassischen Projektmanagement Produkte erlebt, die sehr lange entwickelt wurden und als sie endlich “fertig” waren, das Licht der Welt letztlich nie erblickt haben.
Nadine Ohm: Ich finde es großartig, dass so viel Raum für die ständige Reflexion unserer Arbeitsabläufe gegeben wird, also was gut lief und was noch verbessert werden kann. Das hilft immens, um Prozesse und die Zusammenarbeit allgemein zu verbessern.
Jennifer Ziller: Wie sieht euer Tagesablauf aus?
Lea Gleixner: Sehr vielfältig! Generell versuche ich Probleme und Bedarfe zu verstehen und sichtbar zu machen, um sie dann mit den richtigen Personen auf Team- oder Abteilungsebene lösungsorientiert zu bearbeiten. Neben den Scrum Events pflege ich den Austausch mit Teammitgliedern und anderen Menschen in der Firma, um zu verstehen, wo ich aus meiner Rolle am besten unterstützen kann. Mein Ziel ist, dass wir den Kund_innen unserer Software kontinuierlich Wert liefern und gleichzeitig eine gute, wertschätzende Zusammenarbeit erleben. Das Ergebnis ist mal ein Workshop zum Thema User Research, die Optimierung der Zusammenarbeit mit einer Nachbarabteilung, das Ansprechen unklarer Erwartungen, oder unsere Arbeitsweise zu erklären.
Frauke Fabelje: Wir sind als Teil des Teams ja auch in viele Meetings eingebunden, beobachten Dynamiken und sorgen dafür, dass die Dinge strukturiert ablaufen. Wir betrachten die Stärken und Schwächen und erarbeiten gemeinsam Lösungen für sichtbar gewordene Muster und Herausforderungen.
Nadine Ohm: Wir initiieren Termine und wohnen anderen Terminen bei, beobachten und stellen Fragen. Wie läuft die Kommunikation beispielsweise? Da ich selbst keinen technischen Hintergrund mitbringe gebe ich dem Team neue Perspektiven mit. Ich bringe die Leute ins Reden, mit dem Ziel, dass alle zu einer gemeinsamen Sichtweise finden, um dann zügig ein Produkt zu liefern.
Ich selbst stelle mir täglich die Frage wie ich meinem Team die Arbeit erleichtern kann und überlege mir dann die notwendigen Schritte. Dies erfordert viel Flexibilität, macht den Job dadurch aber auch besonders vielfältig und spannend.
Frauke Fabelje: Gerade wenn das Team den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, gehe ich mit ihm gemeinsam einen Schritt zurück, um an unsere Werte zu erinnern, schaue, worauf wir den Fokus legen müssen, damit sich das Team nicht verrennt.
Jennifer Ziller: Euer Job ist es also, die Teammitglieder zu kreativen Hochleistungen zu führen. Welche Techniken und Methodiken wendet ihr hierbei an?
Frauke Fabelje: Mir geht es vor allem geht es darum, Fragen zu stellen und zuzuhören, um die Bedürfnisse meines Teams herauszufinden. Erst dann kann ich anfangen, auf Probleme hinzuweisen und Prozesse zu verbessern. Jeder Agile Coach / Scrum Master legt sich entsprechend seiner Teams eigene Schwerpunkte, je nachdem wo der Schuh in dem Moment drückt. Ich befasse mich in meinem Team viel damit, die Kommunikation untereinander zu verbessern. Mir ist es dabei sehr wichtig, dies nicht nur zu fördern, sondern auch vorzuleben. Zumindest ist das mein Anspruch an mich und ich hoffe, mein Team erlebt mich auch so.
Außerdem sind mir regelmäßige One to ones und der gute Draht zu allen sehr wichtig, um die Leute abzuholen und zu sehen, wie es ihnen geht. Nicht jede_r hat Lust, seine Meinung oder Gefühle auf dem Präsentierteller zu servieren. Daher halte ich Feedbacks in Retrospektiven, als Teamfeedback oder auch in den Einzelgesprächen für eine super Methode.
Manchmal bin ich außerhalb meines Teams unterwegs, beispielsweise um andere Teams als Mediatorin zu begleiten, oder um agile Tools, wie die Nutzung eines Kanban-Boards, einzuführen.
Nadine Ohm: Mein persönliches Steckenpferd ist die Retrospektive. Ich räume viel Zeit dafür ein, zu reflektieren, wie wir besser zusammenarbeiten. Statt ausschließlich auf den Output zu fokussieren, halte ich den menschlichen Faktor für sehr wichtig. Wir arbeiten schließlich nicht nur zusammen, um ein Produkt durchzuboxen. Wir wollen auch eine gute Zeit miteinander verbringen. Gerade dafür ist es ausschlaggebend, wertschätzend miteinander umzugehen. Das Team bildet eine geschützte Runde, dessen Vertrauensbasis tagtäglich gefestigt werden muss. Vertrauen entsteht, wenn ich selbst authentisch auftrete und flexibel auf die Bedürfnisse des Teams eingehe, anstatt mit Dogmatismus meine Themen durchzusetzen versuche. Daher ist es mir wichtig, Augen und Ohren offenzuhalten.
Lea Gleixner: Es gibt verschiedene Haltungen, die ich in meiner Rolle einnehme. Als Facilitator begleite ich Gespräche oder Workshops zum Beispiel mithilfe von Design Thinking, the Art of Hosting, Ansätzen aus der Systemischen Beratung. Als Trainer vermittle ich konkrete Inhalte über Scrum oder Agilität. Als Problemlöserin werde ich manchmal zur Forscherin, um herauszufinden, was eigentlich das Problem ist.
Ich merke, dass der meiste Widerstand im Team auftritt, wenn ich zu viele Lösungsideen selbst einbringe und mich nicht zurücknehme. Es gibt so viele großartige Methoden und Praktiken, aber am wichtigsten ist es letztlich gut zuzuhören, und Werte wie Offenheit und Mut selbst zu beherzigen. ”Individuals and Interactions over People and Processes” heißt es im Agilen Manifest.
Jennifer Ziller: Wer sind eure Sparingspartner_innen? Mit wem habt ihr besonders viel Kontakt?
Lea Gleixner: Also natürlich sollten Agile Coach und Product Owner gut miteinander auskommen. In meinem Team ist er derjenige, den ich am häufigsten im Büro treffe. *lacht* Die Perspektive der Entwickler_innen ist natürlich auch sehr wichtig. Und die People Leads, die sich im Gegensatz zum Agile Coach nicht um die Teamentwicklung, sondern konkret um die Mitarbeiterentwicklung der einzelnen Personen kümmern, sind auch gute Sparringspartner.
Frauke Fabelje: Die Product Owner sind ja für die Wertmaximierung des Produktes verantwortlich, indem sie einen engen Austausch mit den Stakeholdern pflegen und deren Wünsche priorisieren. Sie haben die Hoheit über den Backlog und müssen es schaffen, sowohl diesen als auch die Sprint Ziele transparent an das Team zu vermitteln. Ein enger Austausch miteinander ist daher sehr sinnvoll.
Nadine Ohm: Da wir im weitesten Sinne auch Leadership-Funktionen übernehmen, ist uns der Austausch untereinander zudem wichtig. Wir treffen uns regelmäßig in der agilen Gilde, um uns gegenseitig zu hinterfragen oder Problemstellungen zu besprechen. Beispielsweise stelle ich im Gespräch mit anderen Coaches fest, dass so manche Unternehmens-Veränderung nicht nur in meinem, sondern auch in anderen Teams Lösungen erfordert. Hier können wir dann gemeinsam Ziele erarbeiten, die für alle sinnvoll sind.
Jennifer Ziller: Letzte Frage: welche Fähigkeiten braucht man, um im agilen Team zu arbeiten?
Nadine Ohm: Offenheit, Mut, Respekt, Fokus und Commitment. Denn das Team verlässt sich darauf, dass jede_r engagiert mitarbeitet und aktiv zur Zielerreichung beiträgt.
Lea Gleixner: Den Willen und Lust gemeinsam mit anderen zu arbeiten. Und Lernbereitschaft sowie die Bereitschaft, Wissen im Team zu teilen, um gemeinsam das Produkt langfristig weiterentwickeln zu können und um sich gegenseitig im Fall eines Ausfalls gut zu ergänzen.
Frauke Fabelje: Man sollte bereit sein, Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen. Ich finde darüber hinaus aber auch die oberste Direktive sehr spannend. Sie besagt im Grunde, dass wir glauben, dass alle im Team im Rahmen der Umstände und Fähigkeiten ihr Bestes gegeben haben. Wenn wir mit dieser Einstellung zusammenarbeiten, gibt das viel Raum für Weiterentwicklung und eine wertschätzende Kommunikation.
Jennifer Ziller: Lieben Dank für die spannenden Insights in euren Arbeitsalltag. Hört sich so an, als ob die Mitarbeit in euren Teams wirklich Spaß macht!
Hinweis: Next Kraftwerke übernimmt keine Gewähr für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Angaben. Der vorliegende Beitrag dient lediglich der Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.
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