Am 1. April 2000 trat das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft und schuf die Basis für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland. In unserem Blogbeitrag zeichnen wir die Geschichte des EEG nach – anhand von 25 mehr oder weniger bekannten Fakten, Gedanken, Storys und Ausblicken rund ums EEG.
1. Grundprinzipien: Zwei zentrale Pfeiler machen den Kern des EEG aus: Strom aus Erneuerbaren Energien soll bevorzugt eingespeist werden – und die Betreibenden erhalten eine garantierte Vergütung für die Dauer von 20 Jahren. So sollte der Ausbau der Erneuerbaren Energien angereizt werden. Dieser Plan ist definitiv aufgegangen!
2. Ausbaumotor: Innerhalb von 25 Jahren stieg der Anteil der Erneuerbaren im deutschen Strommix von rund sechs auf bald 60 Prozent. Erneuerbare Energien sind heute die wichtigste Stromquelle für Deutschland – die Zugpferde sind Windkraft und Photovoltaik mit aktuell Anteilen von 31,5 % bzw. 13,8 % an der Jahresstromerzeugung.
3. Demokratisierung: So verschob das EEG auch das Kräfteverhältnis am Strommarkt und beendete die Monopolstellung der großen Energiekonzerne: Nicht mehr einige wenige, sondern Millionen dezentrale Anlagen erzeugen unseren Strom. The Power of Many!
4. Architekten: Als Architekten des Gesetzes gelten Hans-Josef Fell, damals Bundestagsabgeordneter der Grünen, Hermann Scheer und Dietmar Schütz (beide SPD) sowie Michaele Hustedt (Grüne). Am 25. Februar 2000 wurde das Gesetz von der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder verabschiedet.
5. Vorläufer: Interessanterweise stammt die Idee zum Vorläufer des EEG aber von einem CSU-Abgeordneten: Matthias Engelsberger hatte sich schon einige Jahre mit den Stromversorgern darüber gestritten, dass der Strom aus dem familieneigenen Wasserkraftwerk zu Minimalpreisen vergütet wurde. Gemeinsam mit Wolfgang Daniels von den Grünen entwarf er das Stromeinspeisungsgesetz, das am 1. Januar 1991 in Kraft trat und bis zur Ablösung durch das EEG gültig war.
6. Paragraphendschungel: Während das Stromeinspeisungsgesetz mit gerade mal 12 Paragraphen auskam, umfasst das EEG 2023 ganze 101 Paragraphen mit zahlreichen Unterparagraphen und sage und schreibe rund 400 Querverweisen! Ein Grund hierfür: In dem neu entstandenen Marktumfeld wurden immer mal wieder Schlupflöcher entdeckt, die über Revisionen geschlossen werden mussten. Ein Beispiel: Als Folge der höheren Förderung für Aufdachanlagen entstand eine ungeahnte Baulust – zack, wurde ein Schuppen gebaut und die Anlage obendrauf platziert. Um solche Auswüchse zu verhindern, wurde in der Folge vieles klarer, aber auch umfangreicher geregelt.
7. Reformen: In den 25 Jahren seines Bestehens brachte es das EEG auf etliche Reformen, neun mal waren diese so umfangreich, dass das EEG als neue Fassung mit entsprechender Jahreszahl definiert wurde. Zusätzlich gab es zahlreiche Übergangsregelungen mit Bestimmungen, welche Normen der letzten Version noch gültig sind. Neben der hohen Paragraphenzahl, der Vielzahl an Nebengesetzen und Festlegungen der Bundesnetzagentur ist dies ein Grund für die hohe Komplexität des Gesetzes, die selbst gestandenen Juristen manchmal Schweißperlen auf die Stirn treibt.
8. Exportschlager: Das Stromeinspeisungsgesetz gilt als weltweit erstes Gesetz, das die Vergütung von Erneuerbaren Energien regelte. Aber es blieb nicht das Einzige! Bis heute wurde das Modell von über 100 Ländern weltweit übernommen. Auch Japan und China beschlossen nach der Fukushima-Katastrophe Regelung zur EE-Einspeisung und Vergütung, die sich am EEG orientieren.
9. Direktvermarktung: Mit dem EEG 2012 wurde die Direktvermarktung mit dem Marktprämienmodell eingeführt. Danach sollen Erneuerbare Energien – so wie konventioneller Strom auch – direkt an der Strombörse gehandelt werden. Ein wichtiger Schritt für die Marktintegration und die Umsetzung der Energiewende. Denn durch den marktwirtschaftlichen Anreiz der Direktvermarktung wird die Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien kalkulierbarer. Ein Meilenstein übrigens auch für Unternehmen wie Next Kraftwerke, da dieser Schritt das Geschäftsmodell für Direktvermarkter schuf. Mit dem EEG 2014 wurde die Direktvermarktung des erzeugten Stroms für die meisten neuen Anlagen über 100 kW verpflichtend.
10. EEG-Ausschreibungen: Seit dem EEG 2014 heißt es Wettbewerb statt pauschaler Förderung! Über Ausschreibungen werden seither für unterschiedliche Technologien Ausbaumengen definiert und diese in einem wettbewerblichen Ansatz an die günstigsten Bietenden vergeben. 2014 galt dies zunächst nur für größere PV-Anlagen. Mit dem EEG 2017 wurden Ausschreibungen auch für Windenergie an Land, weitere PV-Segmente und Biomasse eingeführt.
11. Innovationsausschreibungen: Eine besondere Ausschreibungsform, die erstmals im Jahr 2020 durchgeführt wurde: Hiermit sollen Anlagenkombinationen – insbesondere solche aus einer Erneuerbaren Technologie und Speichern – gefördert werden. Ziel der Innovationsausschreibung ist es, so die Netzinfrastruktur besser auszulasten, Lastspitzen von Photovoltaik und Wind aufzufangen und das Stromnetz zu stabilisieren.
12. Kostensenkung: Auch wenn es so mancher immer noch nicht glauben mag: Solar- und Windenergie sind heute die kostengünstigste Form der Energieversorgung. Eine erstaunliche Entwicklung, wenn man sich die Fördersätze aus den frühen Jahren anschaut: Im ersten EEG betrug die Solarförderung noch 99 Pfennig pro Kilowattstunde! Seit dem 1. Februar 2025 liegt beispielsweise die Einspeisevergütung bei Teileinspeisung bei 5,62 Cent / kWh für Anlagen zwischen 40 und 100 kWp. Der Jahresmarktwert – also der Preis, der durchschnittlich für PV-Strom an der Börse erzielt wird – lag 2024 bei 4,624 Ct/kWh.
13. Innovationsmotor: Die hohen Fördersätze der Anfangsjahre hatten aber durchaus ihre Berechtigung: Denn sie schufen die Voraussetzung für Innovationen und technologische (Weiter-)entwicklungen. So stieg etwa die durchschnittliche Leistung pro Solar-Moduleinheit im Laufe der Jahre von rund 80 auf 450 Wattpeak, um nur ein Beispiel zu nennen.
14. Degression: Eine Senkung der Kosten war schon von Beginn an im EEG erwartet und mitgedacht. Zum einen sollten die Kosten der Technologien alle paar Jahre evaluiert und angepasst werden. Zum anderen wurden jährliche Degressionsraten eingeführt, also Prozentsätze, um die die jeweiligen Vergütungen für Neuanlagen reduziert werden. Auch diese Idee funktionierte als smarter Ausbautreiber. Denn durch die Degression wurden Investitionen direkt getätigt und nicht aufgeschoben, bis die Technologie günstiger wurde.
15. Negative Strompreise: Mit dem starken Ausbau von volatilen Energiequellen ist aber auch ein neues, nicht ganz unproblematisches Phänomen entstanden: Durch Solarstromspitzen an sonnigen Tagen kommt es immer häufiger zu negativen Strompreisen. Diese entstehen, wenn mehr Strom erzeugt wird als verbraucht werden kann. Die EEG-Regelung zu negativen Preisen, die ein systemdienliches Verhalten, sprich Abschalten oder Speichern, anregen soll, wurde in den letzten EEG-Revisionen immer weiter verschärft. Mit dem „Solarspitzen-Gesetz“ von 2025 wurde die Förderung bei negativen Preisen sogar ganz eingestellt: PV-Anlagen, die neu in Betrieb genommen werden, erhalten bereits ab der ersten negativen Viertelstunde keine Vergütung mehr. Die entsprechenden Zeiten werden aber nach dem Ende der regulären EEG-Förderung angehängt.
16. Strommarkt: Genauso wie die Technologien, hat sich auch der Strommarkt unter dem Einfluss des EEG und des Erneuerbaren Ausbaus verändert – man könnte auch sagen überhaupt erst in die heutige Form entwickelt. Im Intraday-Handel, der 2010 eingeführt wurde, werden untertägig kontinuierlich Strommengen in Stunden-, 30-Minuten- oder 15-Minuten-Produkten gehandelt. Aufgrund des steigenden EE-Anteils wurden die Vorlaufzeiten in den letzten Jahren stetig verkürzt. Inzwischen können Händler_innen Order bis fünf Minuten vor Lieferviertelstunde abgeben und so Fehlmengen oder Überschüsse im eigenen Bilanzkreis ausgleichen. Zudem lässt sich der kurzfristige Handel dazu nutzen, Strom flexibler Anlagen nachfrageorientiert einzuspeisen und so höhere Erlöse zu erzielen.
17. Regelenergie: Lassen sich Fehlmengen nicht mehr über den Stromhandel ausbalancieren, kommt die Regelenergie ins Spiel. Der Markt existierte zwar bereits vor dem EEG – allerdings wurden Kapazitäten nur über konventionelle Kraftwerke bereitgestellt. Damals stieß Next Kraftwerke ein Verfahren vor der Bundesnetzagentur an, um eine Teilnahme kleiner, dezentraler Anlagen an diesem Markt möglich zu machen. Und konnte damit erfolgreich auf die Gesetzgebung einwirken. Seit 2012 ist im EEG festgeschrieben, dass auch Erneuerbare Energien – gebündelt über Virtuelle Kraftwerke – am Regelenergiemarkt teilnehmen dürfen.
18. Ende der EEG-Förderung: Die EEG-Förderung ist grundsätzlich auf 20 Jahre begrenzt. Diese Befristung setzte mit dem EEG 2000 ein, so dass Ende 2021 erste Anlagen aus der Förderung fielen. Wer schon früher gefördert wurde, hatte das Glück einer etwas längeren Förderperiode.
19. Anschlussförderung: Wie es für die Ü20-Anlagen weitergeht, ist je nach Technologie unterschiedlich geregelt: PV-Betreibende können beispielsweise ihren Strom weiterhin ins öffentliche Netz einspeisen und erhalten eine Anschlussvergütung vom Netzbetreiber. Alternativ können sie die Anlage auch auf Eigenverbrauch umstellen oder den Strom im Rahmen der sonstigen Direktvermarktung vermarkten. Flexible, also netzdienlich einsetzbare Biogasanlagen können sich nach Auslaufen der Erstförderung für eine 10-jährige Anschlussförderung bewerben. Da die Betriebskosten bei Biogasanlagen in der Regel höher sind als die Marktpreise, ließen sich diese ohne eine Förderung nicht wirtschaftlich weiterbetreiben.
20. EEG-Umlage: Die EEG-Umlage, mit der der Ausbau der Erneuerbaren finanziert wurde, war bis 2022 ein fester Bestandteil des Strompreises, den Endverbraucher an den Stromanbieter zahlten. Zur Entlastung der Stromkund_innen während der Energiekrise wurde die EEG-Umlage abgeschafft. Zunächst lief die Finanzierung dann über den Klima- und Transformationsfonds weiter, seit 2025 wird die Förderung für Erneuerbare Energien komplett aus der Bundeskasse bezahlt.
21. Abschöpfung: Während das EEG sicherstellt, dass Betreibende bei Börsenpreisen unterhalb ihrer garantierten Vergütung immer einen Ausgleich über die gleitende Marktprämie erhielten, war ursprünglich nicht vorgesehen, dass es auch eine Rückzahlungsverpflichtung in die andere Richtung geben könnte, also wenn die Strompreise am Markt höher sind als die Förderung. Während der Energiekrise mit extremen Strombörsenpreisen kam das Thema „Abschöpfung“ dann auf die Agenda. Im Strompreisbremsengesetz wurde beschlossen, dass Überschusserlöse aus einem definierten Zeitraum an die Netzbetreiber zurückgezahlt werden müssen, um die Endverbraucher zu entlasten. Europarechtlich wurde in der Folge beschlossen, dass die Länder bis 2026 zweiseitige „Contracts for Difference (CfD)“ einführen müssen, die neben der Absicherung nach unten auch die Abschöpfung nach oben beinhalten.
22. Clearingstelle: Diese besondere, durch das EEG geschaffene Instanz hat schon oft für kurzfristige Klarheit und Einigung gesorgt, ohne dass Gerichte bemüht werden mussten. Die Clearingstelle ist dafür da, das EEG und das KWKG auszulegen, entweder über ein Hinweis- und Empfehlungsverfahren, das definiert, wie bestimmte Regeln aus dem EEG zu verstehen sind. Oder über verschiedene Mediationsverfahren, in der für alle Parteien und die Netzbetreiber bindende Entscheidungen getroffen werden können. Die Entscheidungen bei Hinweis- und Empfehlungsverfahren gelten so lange, bis es ein gegenläufiges BGH-Urteil gibt.
23. Verpflichtende Fernsteuerbarkeit: Seit dem EEG 2014 müssen Anlagen in der Direktvermarktung fernsteuerbar sein, so dass sie durch den Direktvermarkter geregelt werden können. Aus damaliger Sicht eine sehr sinnvolle Maßnahme, die einen ordentlichen Digitalisierungsschub gebracht hat. Heute hat sich das Thema Fernsteuerbarkeit allerdings zum bürokratischen Akt entwickelt, der zuletzt sogar dahingehend verschärft wurde, dass Direktvermarkter Kund_innen bei den Netzbetreibern melden müssen, wenn diese in einer bestimmten Frist nicht ihrer Pflicht nachkommen. Aus unserer Sicht ein unnötiger bürokratischer Aufwand, da Vermarkter heute großen Wert auf die Steuerbarkeit der Anlagen legen und das Thema so ohnehin über den Markt geregelt wird, während man bei Kleinstanlagen auch auf diese Pflicht verzichten könnte.
24. Genehmigungsverfahren: Insbesondere im Bereich Windenergie ein leidiges Thema. Inzwischen gehen oftmals bis zu neun Jahre ins Land bis eine neue Windkraftanlage genehmigt wird – ein abschreckender Faktor für Investoren in dem Bereich, der auch zeitweise zu einem Stillstand beim Ausbau geführt hat. Hohe Anforderungen stellt aber nicht in erster Linie das EEG. Diverse andere Gesetze und Verordnungen – von Baurecht über Steuerrecht bis zum Emmissionsschutzgesetz – müssen eingehalten werden. Hier gäbe es Nachbesserungsbedarf.
25. Zukunft des EEG: Die Transformation des Energiesystems ist in vollem Gange. Bis 2030 sollen Erneuerbare mindestens 80 Prozent unseres Stromverbrauchs decken, 115 Gigawatt Windenergie an Land und 215 Gigawatt Photovoltaik sollen bis dahin installiert sein. Mit dieser deutlichen Zunahme an Volatilität im Netz wird sich auch das gesamte Marktumfeld mit weiterentwickeln (müssen). So werden wir perspektivisch wahrscheinlich nicht nur 15-Minuten-Produkte im Stromhandel benötigen, sondern vielleicht 5-Minuten-Produkte. Auch die Elektrifizierung vieler Lebensbereiche schreitet weiter voran: E-Autos, Wärmepumpen, Smart Meter – all diese Stromverbraucher müssen sinnvoll in ein zukünftiges Marktdesign integriert werden. Wir können also davon ausgehen, dass das EEG mit seinen 25 Jahren noch längst nicht in Rente geschickt wird. Es wird weiterhin noch so einiges zu regeln geben!
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