Ein kleiner Erlebnisbericht über das Zusammentreffen von Politik, Wirtschaft und Vertretern der Erneuerbaren-Szene.
Vom 26. – 28. August 2013 fand die 4. Handelsblatt Jahrestagung unter dem Leitthema „Erneuerbare Energien 2013“ in Berlin statt. Das Augenmerk richtete sich hierbei auf das Potenzial der Erneuerbaren als ein Wachstumsmarkt für Industrie und Energiewirtschaft. Ein sehr interessantes Thema, vor allem, wenn man sich die Ängste, die die „Deutsche Industrie“ im Zusammenhang des Ausbaus von Erneuerbaren äußert, in Erinnerung ruft.
Was hatte die Jahrestagung zu bieten? Hier bündelte sich „in Raum und Zeit“ eine erhebliche Anzahl Kundiger der Erneuerbaren-Szene. Insgesamt bot sich mir die Möglichkeit, mit 300 interessanten Teilnehmern in Dialog treten zu können, zumindest theoretisch. Praktisch konnte ich von diesem Angebot auch reichlich Gebrauch machen. Vor allem wurde eine fließende Kommunikation durch die angegliederten Messestände gewährleistet. Eine weitere Möglichkeit des Informationsaustauschs bot sich durch die 35 Referenten, die die Veranstaltungsteilnehmer mit wertvollen Einblicken in ihre jeweiligen Geschäftsmodelle innerhalb der Erneuerbaren versorgten. Im Idealfall war im Anschluss der Vorträge eine Podiumsdiskussion angesetzt. Auch ich lieferte durch einen Vortrag meinen Beitrag zur Tagung, indem ich die Möglichkeit der Steuerung von EE-Anlagen (v.a. Biogas und Wasserkraftanlagen) thematisierte, um diese für den Regelenergiemarkt und der bedarfsorientierten Stromerzeugung fit zu machen.
Durch eine bedarfsorientierte Stromerzeugung produziert der Stromwirt genau dann seinen Strom, wenn die Marktnachfrage am s.g. Peak ist. Für ihn bedeutet das vor allem Mehrerlöse, die er mit einem stets gleichbleibenden Fahrplan nicht erzielt. Darüber hinaus könnte seine EE-Anlage kurzfristig so flexibel gesteuert werden, dass sogar eine Teilnahme am Regelenergiemarkt – bis hin zu Sekundärreserveleistung – möglich ist. Für den Energiewirt bringt das nochmals Mehrerlöse (Stichwort: Arbeits- und Leistungspreis). Neben diesen Mehrerlösen spricht noch ein weiteres Argument für die flexible Fahrweise von EE-Anlagen. Mithilfe einer sinnvollen Steuerung der Erneuerbaren – insbesondere die Abkehr von der Fahrweise „Grundlastprofil“ der Biogasanlagen – ist ein wichtiger Baustein gesetzt, um auf s.g. Brückentechnologien (Gas und Kohle) theoretisch verzichten zu können. Denn qua Steuerung besteht die Möglichkeit bei Prognoseabweichungen der Energieträger Wind und Sonne, die Fahrweise anderer EE-Erzeugungsanlagen (bspw. Biogas- und Wasserkraftanlagen) auf diese Abweichung anzupassen. So können sich – ohne die Gefahr von Blackouts – die Erneuerbaren selbst regeln.
Auch Akteure aus der Politik und so manch Regulierer sind zu Wort gekommen. Die großen Highlights waren sicherlich die Vorträge von Bundesminister Peter Altmaier, EU-Kommissar Günther Oettinger und Jochen Homann (Präsident der Bundesnetzagentur). Altmaier sprach über das deutsche Strommarktdesign im Allgemeinen und speziell über den Zielkonflikt zwischen dem EE-Ausbau und der Möglichkeit einer kostengünstigen Energieversorgung. Aufschlussreich war die Bewertung Altmaiers zur Direktvermarktung. Ihm konnte der politische Wunsch entnommen werden, die Erneuerbaren stärker in eine bedarfsorientierte Stromproduktion einzubinden. Ich bin gespannt, wie weit dies bei einer zukünftigen EEG-Novellierung nach der Bundestagswahl 2013 berücksichtigt wird. Meine Gedanken zur Direktvermarktung erfolgen im letzten Absatz.
Einen Brüsseler Einblick auf das mögliche Zukunftsprojekt eines gemeinsamen EU-Binnenmarktes für den Ausbau der Erneuerbaren Energien lieferte Oettinger. Jochen Homann hielt einen Vortrag über die kommenden Strukturveränderungen der deutschen Stromerzeugung. Er stellte neben einigen Ausbau-Szenarien der Erneuerbaren (mit Schwerpunkten auf PV-Anlagen und Off-/Onshore Windkraftanlagen) auch Projekte aus dem Bundesbedarfsplangesetz für den Netzausbau der Elektrizitätsnetze vor.
Einen – aus meiner Sicht – sehr interessanten Beitrag lieferte Janosch Abegg von Statkraft, dem größten norwegischen Energieversorger und zugleich größten Direktvermarkter für Windanlagen in Deutschland. Abegg referierte – mit Schwerpunktsetzung auf den Energieträger „Wind“ – über die Direktvermarktung (genauer das Marktprämienmodell), die seiner Ansicht nach die Zukunft des EEG sei. Das Marktprämienmodell beinhalte enorme Integrationswirkungen der Erneuerbaren. Beispielsweise seien durch die Direktvermarktung genauere Einspeiseprognosen, bessere Überwachung und Steuerbarkeit von EE-Anlagen möglich geworden. Dies führe wiederum zu weniger benötigter Reserveleistungen, was letztendlich den Stromkunden finanziell entlastet. Auch fördere diese Vermarktungsform eine bedarfsgerechtere Stromerzeugung erneuerbarer Energieträger und verhindere somit die Kosten, die aus negativen Strompreisen entstünden.
Ich kann diese gemachten Beobachtungen von Janosch Abegg nur bestätigen. Die Direktvermarktung hat seit ihrer Einführung die Marktstruktur der Erneuerbaren bedeutsam verändert. Man sollte sich an diesem Punkt wirklich trauen, von der Marktprämie als innovativen Motor für eine erfolgreiche Markteinbindung der Erneuerbaren zu sprechen. Die dahinterstehende polypolistische Marktstruktur – es existieren mehr als 70 Direktvermarkter in Deutschland – leistet einen weiteren Innovationsschub (Stichwort: Kostendegression).