Im September 2013 wird in Deutschland bekanntlich ein neuer Bundestag gewählt. Bis dahin, so hört man allenthalben, wird es keine grundlegenden Änderungen am EEG geben. Was aber passiert danach?
Die neue Regierung – ganz gleich wie neu sie denn tatsächlich sein wird – wird sich aufgrund des allgemeinen Reformbedarfs einer Novelle des EEG annehmen, und wenn die Intervalle der letzten Novellen 2004, 2009 und 2012 sowie die notwendige Dauer der parlamentarischen Prozesse einen Aufschluss auf den Zeitpunkt der nächsten Novelle geben, könnte es schon 2014 so weit sein.
Wie aber könnte ein EEG 2014 die Marktintegration der Erneuerbaren Energien (EE) weiter stärken? Ein Blick in die jüngste Vergangenheit mag hier helfen. Denn schon das EEG 2012 stand stark unter dem Vorzeichen der schrittweisen Heranführung der Erneuerbaren an den liberalisierten Strommarkt. Mit dem Marktprämienmodell wurde eine Vermarktungsoption eingeführt, die Betreiber von EEG-Anlagen sozusagen mit Auffangnetz an die Strombörse führte. Die Aussetzung des Doppelvermarktungsverbots für direktvermarktete EE-Anlagen am Regelenergiemarkt war ein weiterer wichtiger Schritt, um die Erneuerbaren überhaupt zum Wettbewerb mit konventionellen Erzeugern wie Kohle- und Erdgaskraftwerken auf dem Regelenergiemarkt zuzulassen. Zusätzlich ist mit dem Marktprämienmodell und ganz gezielt mit der Flexibilitätsprämie die bedarfsorientierte Verstromung von Biogas angereizt worden und mit der nachträglichen Einführung des Fernsteuerbonus für Wind- und PV-Anlagen auch die Abregelung der Wind- und PV-Stromeinspeisung durch den Vermarkter.
Das Marktprämienmodell hat sich in den letzten anderthalb Jahren als ein sehr tragfähiges Instrument erwiesen, um die Erneuerbaren zu mehr Marktintegration anzureizen. Heute werden 32,127 Gigawatt an EE-Anlagenleistung über das Marktprämienmodell direkt an der Strombörse vermarktet – Tendenz kontinuierlich steigend. Dies bedeutet zum einen, dass immer mehr Anlagenbetreiber aus der fixen Einspeisevergütung aussteigen und nun – befähigt durch die Managementprämie – in Stromhandel, Wetterprognosen und ausgeglichene Bilanzkreise (was übrigens die EEG-Umlage an anderer Stelle entlastet) investieren. Zum anderen bedeutet die Tendenz zur Direktvermarktung nach Marktprämienmodell, dass die andere „große“ Form der Direktvermarktung von EE-Strom an Bedeutung verliert: das mit dem EEG 2009 eingeführte Grünstromprivileg. So halbierte sich nahezu die für die Vermarktung nach dem Grünstromprivileg gemeldete Anlagenleistung im Jahr 2012 von 1,004 Gigawatt auf 0,589 Gigawatt. Zwar erholte sich die Zahl im Jahresverlauf 2013 wieder auf 1,224 Gigawatt (Juni 2013), doch fällt im Vergleich zum Marktprämienmodell das Grünstromprivileg stark ab. Dieser Erfolg des Marktprämienmodells bei der Akzeptanz durch die Betreiber ist schlicht mit der höheren Wirtschaftlichkeit zu begründen, die eine Vermarktung über das Marktprämienmodell gegenüber dem Grünstromprivileg aufweist. Das Grünstromprivileg ist heute nur für EE-Anlagen lukrativ, deren Erlöse sowieso bereits nah am Börsenstrompreis liegen, für alte Windkraftanlagen etwa.
Wir meinen, dass der Erfolg des Marktprämienmodells nicht gefährdet werden darf. Nach nur 18 Monaten sind bereits erste Schritte zur verbesserten Markt- und Netzintegration der Erneuerbaren zu konstatieren, die volkswirtschaftlich äußerst sinnvoll. Durch die Meldung von Leistungsabweichungen bei regelbaren Anlagen, etwa bei Wartungen oder Störungen, und durch die Berücksichtigung von Wetterprognosen verbessern sich die Einspeiseprognosen der Erneuerbaren Energien – was die angespannte Netzsituation schon heute entlastet. Zusätzlich sorgt der kurzfristige Stromhandel von Strom aus Erneuerbaren dafür, dass eventuell auftretende Abweichungen schnell im Intraday-Handel korrigiert werden können. Auch nehmen schon heute viele hundert regelbare EE-Anlagen, etwa Biogas- und Wasserkraftanlagen, am Regelenergiemarkt teil und leisten ihren Beitrag zur Versorgungssicherheit. Ein weiterer Punkt: Die ersten Biogasanlagen fahren schon heute nach Börsenpreissignalen, sie speisen also genau dann Strom ein, wenn er an der Strombörse teuer und somit sehr gefragt ist, während sie in Zeiten schwacher Nachfrage das BHKW ausschalten und das gewonnene Biogas zur späteren Verstromung zwischenspeichern.
Die beschriebene Entwicklung wirft natürlich die Frage auf: Braucht die Energiewende das Marktprämienmodell UND das Grünstromprivileg? Sind die Mitnahmeeffekte und die strukturellen Kosten beim heutigen Angebot von zwei Vermarktungsoptionen für EE-Strom außerhalb der fixen EEG-Vergütung wirklich zu vertreten?
Natürlich gibt es auch Optimierungspotential im Bereich der Markt- und Systemintegration der Erneuerbaren, das durch Anpassungen in einem möglichen EEG 2014 gehoben werden sollte. So hat die zu begrüßende Ausstattung von Wind- und Solaranlagen mit Fernsteuereinheiten über den Fernsteuerbonus noch nicht dazu geführt, dass die vernetzten Anlagen bei negativen Strombörsenpreisen auch tatsächlich vom Stromhändler abgeregelt werden. Warum? Solange der negative Börsenpreis nicht größer oder gleich der Marktprämie ist, schaltet der Stromhändler die Solar- und Windkraftanlagen in seinem Portfolio nicht ab. Die Marktprämie fängt die negativen Börsenpreise für den Stromhändler und seine Kunden auf - keiner der beiden hat einen Anreiz, die Anlagen abzuregeln, bis die negativen Börsenpreise die Marktprämie übertreffen. Die Lösung ist einfach: Fällt der Börsenpreis ins Negative, sollte keine Marktprämie mehr ausbezahlt werden und die Abschaltung über die Dauer aller Stunden eines Monats mit negativen Strombörsenpreisen pauschal vergütet werden – wobei die Pauschale der Höhe der entgangenen Marktprämie entsprechen sollte, um die Attraktivität des Marktprämienmodells nicht zu gefährden.
Im Biogassektor war das bestimmende Thema der letzten anderthalb Jahre die Neuinterpretation der Rolle, die Biogas im Energiemix der Zukunft spielen soll. Wurde viele Jahre lang die Grundlastfähigkeit der Biogastechnologie gepriesen, soll Biogas nun immer mehr die Bedienung der Spitzenlast übernehmen. Eine durchaus sinnvolle Neuinterpretation, ist Biogas neben Wasserkraft die einzige gut regel- UND speicherbare erneuerbare Energiequelle. Im EEG 2012 wurde folgerichtig das Doppelvermarktungsverbot für direktvermarktete Biogasanlagen am Regelenergiemarkt ausgesetzt, um Biogasanlagen verstärkt am Regelenergiemarkt zum Ausgleich von Netzfrequenzschwankungen heranzuziehen. Zusätzlich wurde die Flexibilitätsprämie eingeführt, um Anlagenbetreibern die Investitionen in den Anlagenumbau zu erleichtern, der notwendig sind, um die Spitzenlastfähigkeit der Biogastechnologie vor Ort umzusetzen (größere Gasspeicher, zusätzliche BHKWs, evtl. Wärmepuffer etc.). Stand heute wird die Flexibilitätsprämie jedoch noch von wenigen Betreibern genutzt, sodass man an dieser Stelle – im Gegensatz zur Integration von Biogasanlagen in den Regelenergiemarkt – noch nicht von einem deutlichen Erfolg sprechen kann.
Wie könnte der Gesetzgeber an dieser Stelle in einem EEG 2014 eingreifen? Wir plädieren dafür, über die Zweckmäßigkeit der Flexibilitätsprämie nicht zu schnell zu urteilen. Die Neuausrichtung der Biogasanlagenkonfiguration hin zu mehr Flexibilität und einer bedarfsgerechten Fahrweise ist ein Prozess, der nicht in wenigen Monaten erledigt ist und der verständlicherweise oft erst im Zuge von ohnehin anstehenden Repowering-Maßnahmen angestoßen wird. Die Umkehr der Biogasbranche von einem Dienstleister der Grundlast hin zu einem Dienstleister der Spitzenlast ist nicht in wenigen Monaten zu bewerkstelligen. Die Flexibilitätsprämie ist in ihrer heutigen Ausprägung bereits ein sinnvolles Instrument, das nach und nach immer mehr Betreiber annehmen werden – seit Jahresbeginn 2013 beobachten wir bereits bei unseren Bestandskunden ein verstärktes Interesse an der Thematik. Sicherlich gibt es auch bei der Flexibilitätsprämie Optimierungsbedarf. So sollte die jährliche Überprüfung des Korrekturfaktors bei der Flexibilitätsprämie überdacht werden. Entscheidet sich ein Biogasanlagenbetreiber in teure Investitionen in seine Anlage (die von der Flexibilitätsprämie natürlich nicht komplett gedeckt werden), braucht er Investitionssicherheit. Auch bedarf es bei der Information der Betreiber (und auch der Umweltgutachter) einer verstärkten Anstrengung, um den Antragsprozess zu klarifizieren.
Summa summarum plädieren wir dafür, die im EEG 2012 begonnene Marktintegration der Erneuerbaren weiter zu verstärken, indem die Rolle des Grünstromprivilegs überdacht, die Marktprämie auf negative Börsenpreise nicht mehr ausgezahlt, die Integration der Biogasbranche am Regelenergiemarkt weiter verstärkt und die Anstrengungen zur Umsetzung der Flexibilitätsprämie forciert werden.